Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus... - zumindest hatte es dieser Juni 1953 in sich. Die Krönung von Königin Elisabeth II. am Monatsanfang füllte die Zeitungen und beschleunigte nicht nur in England die Ausbreitung eines neuartigen Elektrogeräts:
Der (Schwarz-Weiß-)Fernseher, mit dem man an Weihnachten 1952 erstmals ein deutsches Fernsehprogramm sehen konnte, verdrängte nach und nach das (Röhren-)Radio aus dem Mittelpunkt der Wohnzimmer.
Zwei Wochen später, in Berlin-Ost: Sowjetische Panzer rollen am 17. Juni im Namen der Arbeiterklasse über Arbeiter.
Jn St. Märgen suchte man, nachdem im Herbst die Ernte unterm Dach war, ebenfalls den Anschluss an die Entwicklungen der Außenwelt. „Warum sollen wir hinter andern Gemeinden zurückstehen ? ... Darum ist ein jeder, ob 70 oder 20 Jahr, bei uns herzlich willkommen !“ Mit diesem Aushang lud am 17. Oktober 1953 Hannisenbauer Albert Schwär auf den Kirchweihmontag „alle sangeslustigen Männer und Burschen von nah und fern“.
Das meinte einen für heutige Maßstäbe eher kleinen Umkreis. Für viele der Sänger bedeutete es nämlich, wie der sonntägliche Kirchgang, einen Fußmarsch über Berg und Tal. St. Märgen war damals ein kaum motorisiertes Gebirgsdorf mit verstreuten Einzelgehöften. Daran hatte sich noch nicht viel geändert, seit drei Jahre zuvor in St. Märgen und den Nachbargemeinden ein Kinoerfolg gedreht worden war: Das „Schwarzwaldmädel“ läutete im Nachkriegs-Deutschland die Ära der Heimatfilme ein.
Zwar hätte es Pfarrer Bernauer lieber gesehen, wenn die Gesangsbegeisterten keinen neuen Verein gründen, sondern den bestehenden Kirchenchor verstärken würden. Aber es war gerade die Zeit, in der sich im Ländle niemand gerne vereinnahmen ließ, vor allem die Badener durch die Schwaben nicht geschluckt werden wollten.
Das Protokoll der Vereinsgründer weiß noch von drei gescheiterten Gründungsanläufen in den vorhergehenden Jahrzehnten, nennt aber keine Einzelheiten. Wie die Freiburger Zeitung 1909 berichtete, sang das Doppelquartett eines solchen Vorgängerchores beim 25-jährigen Jubiläum der örtlichen Feuerwehr, bei dem 17 Vereine und vier Musikkapellen zum großen Festumzug angetreten waren. Bereits anderthalb Jahre zuvor, nach Weihnachten 1907, war dieser Männerchor beim etwas kleiner gehaltenen, ebenfalls 25-jährigen Jubiläum der Musikkapelle im Gasthaus Rößle aufgetreten.
Im Jahre 1937 findet sich eine weitere Spur: Die Gemeindeverwaltung musste aus „politisch-polizeilichen“ Gründen alle Vereine ans Bezirksamt in Neustadt melden („Die Erfassung ist tunlichst unauffällig durchzuführen“). In der Auflistung wurde ein im gleichen Jahr 1937 gegründeter Gesangverein genannt, der mit 32 Mitgliedern sogar die beiden Musikvereine St. Märgen (gegr. 1882 / 22 Mitglieder) und Glashütte (gegr. 1911 / 20 Mitglieder) überragte. Die nahenden Weltkriege dürften aber das jeweilige baldige Ende der beiden Chöre besiegelt und ihre Spuren verwischt haben.
Jedenfalls gab nun das Beispiel der Nachbargemeinden Breitnau und Hinterzarten (beide 1950) den Ansporn, auch im eigenen Dorf aus dem Versuch dieses Mal einen dauerhaften Erfolg zu machen. Hauptlehrer a.D. Konrad Müller (1882 - 1955) besorgte als designierter musikalischer Leiter des geplanten Chores rechtzeitig vor der Zusammenkunft ein Exemplar des Breisgauer Sängerbuches.
„Am 20. Oktober 1953 abends 8 Uhr fanden sich zum ersten mal im Nebenzimmer zum Löwen 16 Mann zusammen, welche gewillt waren, einen Gesangverein zu gründen“, so beginnt das Protokoll der 1. Hauptversammlung vom 2.2.1956. Nach 10 Proben folgte am Neujahrstag 1954 der erste öffentliche Auftritt beim Treffen der Pfarrfamilie im Löwen. An die förmliche Gründungsversammlung vom 26.4.1954 mit Vorstandswahlen schloss sich zunächst ein erfolgreiches Jahr an.
Fortsetzung: Auf und Ab bei der Dirigentensuche
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